Viele Bäche und Flüsse in Deutschland befinden sich in einem besorgniserregenden ökologischen Zustand. Insbesondere in Berlin und Brandenburg wurden zahlreiche Gewässer im Rahmen der gemeinsamen Aktion #ourFlüsse mit einem schlechten Umweltzeugnis bewertet. Dies ist das Ergebnis einer umfassenden Untersuchung von ARD und Correctiv.
Schlechte Noten für Gewässer in Brandenburg und Berlin
In Brandenburg weisen 20 von 53 untersuchten Gewässern eine schlechte Habitatqualität auf. Ein Beispiel ist der Hirtengraben im Südosten von Potsdam, der stark verändert und in einem schlechten ökologischen Zustand ist. Aufgrund von Wassermangel, verursacht durch intensive Nutzung, leidet das Gewässer unter einer geringen Artenvielfalt. Laut den Forschern der Universität Duisburg-Essen finden sich dort hauptsächlich widerstandsfähige Arten wie der Wasserassel oder der Schlammröhrenwurm, die gut mit Verschmutzung und Sauerstoffmangel zurechtkommen. Zudem wurden Spuren der in Deutschland als gefährdet eingestuften Arten, wie die Malermuschel und der Europäische Igel, gefunden. Der Mittelmeer-Wasserassel wurde hier als invasive Art identifiziert.
In Berlin zeigten 16 von 37 Gewässerbeobachtungen ein schlechtes Habitatniveau.
Eine Forschergruppe des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) analysierte über 2700 Einsendungen aus allen 16 Bundesländern.
Zusätzliche DNA-Proben an 30 Gewässerstandorten untersucht
Die Wissenschaftler untersuchten zudem 30 Gewässerabschnitte mit DNA-Proben, darunter auch drei in Brandenburg, jedoch keine in Berlin. Neben dem Hirtengraben in Potsdam, der mit einer „ungenügenden“ Bewertung abschnitt, wurde auch die Löcknitz in Karstädt (Prignitz) genauer untersucht und mit „mangelhaft“ bewertet. Der Tranitzbach in Neuhausen (Spree-Neiße) erhielt die Note „ausreichend“.
Im Rahmen der Aktion #ourFlüsse dokumentierten sowohl Erwachsene als auch Kinder den Zustand vieler Gewässer durch Fotos. Die Aktion startete im Mai mit dem Aufruf „Wie geht es unseren Bächen?“ von Tagesthemen-Moderatorin Jessy Wellmer. ARD und das Helmholtz-Zentrum entwickelten daraufhin eine Checkliste zur Bewertung der Bäche. Fragen wie „Ist das Wasser sauber?“, „Wie riecht es?“ und „Wachsen Pflanzen am Ufer?“ wurden beantwortet und dokumentiert.
Neben Jessy Wellmer unterstützten auch Bundesbehörden, Verbände und die UNESCO die Aktion. Die ersten 2700 Einsendungen wurden dann von den Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums analysiert und die Bäche nach Habitatqualität auf einer Skala von 1 bis 5 bewertet.
Drei Viertel der Flüsse bieten keine gute Lebensumgebung für Fische und Insekten
Die landesweiten Ergebnisse der Aktion sind alarmierend: Drei von vier untersuchten Bächen bieten keine gute Lebensgrundlage für Fische und Insekten. Zudem sind die Ufer nicht ausreichend vor Schadstoffen geschützt. Es fehlt oft an Büschen, Sträuchern und Bäumen, die gefährliche Abflüsse aus der Landwirtschaft abhalten könnten. Laut EU-Richtlinie sollen bis 2027 alle Flüsse wieder gesund und ökologisch intakt sein. Experten bezweifeln jedoch, dass dieses Ziel erreicht werden kann.